Marshall Rosenberg
Marshall Rosenberg wuchs in einem "Problemviertel" auf, in den 1940er Jahren am Stadtrand von Detroit. Er wurde gemobbt und verprügelt wegen seinem jüdischen Nachnamen. Und mußte mit ansehen, wie sein "weißer" Nachbar vom Hoftor aus auf People of Color schoß, die auf der Suche nach Arbeit zu Fuß in die Stadt kamen.
Bei Marshall`s Großmutter waren dagegen alle Kinder willkommen. So erlebte er zwei Welten: die der Gewalt - und die des Friedens, wo es Raum gab für Austausch, lachen, spielen...
Sein ganzes Leben widmete er dem Weg, den er im Gehen fand.
Mit der Bezeichnung "Non-violent Communication" (Ins Deutsche damals übertragen als: Gewaltfreie Kommunikation) war Marshall selbst nicht zufrieden. Es ist sozusagen ein Arbeitstitel.
Marshall war auch auf der Straße tätig, mit verfeindeten Gangs. Und in der Bürgerrechts-Bewegung. Dabei unterstützte ihn sein Freund Al Chapelle.
Von überall auf der Welt bekam Rosenberg Einladungen, half Konflikte bei zu legen und hielt workshops. Von einem solchen workshop in München existiert eine DVD. Auch auf youtube gibt es Aufnahmen mit ihm.
Trauma
Die Katastrophe ist vorbei. Was noch da ist, sind nur Erinnerungen. Und Flucht- oder Kampf-Impulse, die nicht zum Ausdruck kamen im Moment der Gefahr. Gefühle wie Panik, Ohnmacht, Schmerz, Wut, Haß, Trauer ... sinnvolle Reaktionen auf unfaßbare Ereignisse.
Trauma heißt auf deutsch: Wunde. Bei einem traumatischen Erlebnis werden die einzelnen Teile der Erfahrung nicht richtig zusammengesetzt. Sie bleiben als Splitter gespeichert in der Amygdala, im sogenannten "heißen Gedächtnis", dem Alarm-Zentrum unseres Hirns. Von dort aus machen sie sich bemerkbar in Träumen oder in Intrusionen (plötzlich einschießende heftige Bildern, Worten, Gerüchen...).
Auch Depressionen, Ängste, Taubheitsgefühle, körperliche Erkrankungen, Schlaf- oder Eß-Störungen, Wutanfälle, Süchte (einschließlich "Beziehungs-Sucht") können Hinweise auf ein Trauma sein. So wie Müdigkeit, Erschöpfung.
Traumatherapie
Ein klarer, sicherer Rahmen. Eine verläßliche Beziehung. Freiwilligkeit. Das sind entscheidende Voraussetzungen für das Gelingen einer Therapie.
Zunächst wird die Klientin dabei unterstützt Techniken zu lernen, mit denen sie sich im Fall einer Überlastung selbst beruhigen, erden, stabilsieren kann. Die eigentliche Verarbeitungs-Phase setzt dann den Prozeß in Gang, in dem die Bruchstücke der traumatisierenden Erfahrung zusammengesetzt werden. Sie werden "eingewoben", d.h. mit guten Erlebnissen verbunden und schließlich abgelegt im sogenannten "kalten Gedächtnis". Gelingt dieser Prozeß kann die Erfahrung nun in der Regel in Worte gefaßt werden und löst keine heftigen Emotionen mehr aus. Der allgemeine Streß-Pegel nimmt ab.
Diese Darstellung eines typischen Verlaufs einer Trauma-Therapie stellt kein Heilversprechen dar.
EMDR
...wirkt über das abwechselnd Anregen der beiden Hirnhälften. Das geschieht entweder über die Augen, in dem Sie z.B. der Bewegung eines Fingers folgen, oder akustisch (durch Töne im Wechsel auf beide Ohren). Oder Sie werden angeleitet, sich selbst zu "tappen", z.B. Klappen auf die Oberschenkel oder über Kreuz auf die Schultern.
Francine Shapiro fand heraus, daß das beruhigt und beim Verarbeiten hilft.
Schaukeln oder von einem Bein auf`s andere treten... so was tun wir manchmal, wenn wir uns verlassen fühlen, nicht?
EMDR wird auch im Coaching eingesetzt, z.B. um eine Entscheidung zu treffen oder die eigenen Fähigkeiten wieder besser zu spüren.
Über die therapeutische Beziehung
Therapie ist eine sonderbare Beziehung: Es geht nur um eine von beiden. Auf ihr liegt der Fokus. Die Therapeutin ist an ihrer Seite und auf ihrer Seite. Mit Verständnis und Mitgefühl. Manchmal konfrontierend. Die Klientin kann sich zeigen, sie kann vielleicht etwas Schwieriges, Abgespaltenes... zulassen, fühlen, annehmen und dadurch integrieren. Das braucht einen besonderen Raum. Verlässlichkeit. Schutz.
TherapeutInnen unterliegen der Schweigepflicht. Und einem Abstinenz-Gebot.
Das bedeutet: die Therapeutin gewährleistet, daß sie die Beziehungs-Energie die die Klientin in diesem Vertrauensverhältnis entwickelt, nicht zur Befriedigung eigener Bedürfnisse ausnutzt. Die Klientin darf das Gefühl haben, die Therapeutin zu brauchen. Umgekehrt wird es schwierig! Die Klientin darf die Beziehung jederzeit verlassen. Die Therapeutin nicht.
Es bedeutet nicht , daß die Therapeutin alles erdulden muß, was die Klientin tut. Und auch nicht, daß die Begegnung nicht auch der Therapeutin etwas geben darf.
Hindernisse
"Wenn Leiden einen Sinn haben soll" (Dr. Kurt Stettbacher) - Der Titel dieses Buches hat mich berührt und stand am Anfang meiner Suche nach Heilung.
Aber warum leiden wir manchmal so lange?
Oft ist es Scham, die uns daran hindert, Hilfe zu suchen.
Scham hat die Natur eingerichtet, damit das Zusammenleben in einer Gemeinschaft gelingt. Von Natur aus schämen wir uns, wenn wir etwas tun "was man nicht tut".
Leider können wir als Kinder nicht unterscheiden, ob wir wirklich etwas getan haben...
Kollektive und Trans-Generationen-Traumata
Wenn wir beobachten wie jemand etwas tut, sind in unserem Gehirn genau die gleichen Zellen aktiv, wie wenn wir es selbst tun. Nur in der anderen Hirn-Hälfte. ( Joachim Bauer: "Warum ich fühle was du fühlst" )
Auf diese Weise lernen wir. Wir sehen und hören jemanden sprechen und die gleichen Muskeln werden in uns aktiviert. Wir sehen jemanden zusammenzucken... und wir zucken zusammen.
Ich denke so werden auch Traumata von Eltern oder Großeltern an Kinder weiter gegeben.
Als mein Vater 5 Jahre alt wurde, geschah der Angriff auf Dresden, am 13. Februar 1945. Meine Oma lief danach jeden Tag zu ihrer Arbeitsstelle zu Fuß durch die ganze Stadt, vorbei an Leichen, durch Trümmer. Sie war es auch, die mir erzählte: Alle wußten es, als die Juden abgeholt wurden. Es stand sogar in der Zeitung!
Wenn ich Menschen begegne, die aus Dresden stammen, empfinde ich manchmal etwas Gemeinsames, eine Resonanz in mir. Es fühlt sich irgendwie schwer an. Ob die Erfahrungen dieser Zeit - Bombardierung, Willkür, Elend, Hass ... uns noch heute in den Knochen stecken?
Schuldgefühle helfen niemandem, sagt Magogodi Makhene. Ich denke, was hilft ist: Verantwortung übernehmen für eigene Taten, dafür sorgen, daß es nicht wieder geschieht... und mitfühlen. Auch mit uns selbst.
Hier spricht Thomas Hübl über Transgenerationelle Traumata und wie wir beginnen können, ihrer gewahr zu werden.