Das Prinzip Leben
Die Natur macht es vor: Sie organisiert sich von innen heraus. Jede Pflanze, jedes Tier spürt was es braucht und sucht spielend die beste Lösung - für sich selbst und für das perfekte Gleichgewicht des Lebens im Umkreis. Ökonomisch und ökologisch, wundervoll, elegant. "Besser geht nicht" sagt Inge, meine Nachbarin.
Während wir... erst mal fragen: Darf ich das? ist das erlaubt? :)
Ist das richtig? Oder falsch? Gehört der oder die... zu uns? Bin ich zuständig? Und was sagen die Nachbarn?
Ghandi sagte, wir dürfen das "Gewohnte" nicht verwechseln mit dem "Natürlichen". Was wir gewohnt sind, dient nicht unbedingt der Natur. Und das Natürliche sind wir vielleicht nicht mehr gewohnt?
Es gab Kulturen, die dieser natürlichen Organisation sehr nahe kamen und das Leben erfolgreich weitergaben über Tausende von Jahren. Darum glaub ich, wir können es... wieder lernen. 🙂
Bedürfnis oder Strategie?
Ist Schokolade eine Bedürfnis? Oder eine Strategie, um etwas anderes zu bekommen? Und was ich eigentlich brauche ist... Anregung? Erfüllung? Trost?
Je besser wir unsere Bedürfnisse verstehen, um so mehr Möglichkeiten eröffnen sich: "Ah, ich brauche also Anregung! Wie wärs mit einem guten Buch? Ein Telefonat? Einfach mal rausgehen?"
"Festhalten am Bedürfnis, aber flexibel sein in den Strategien" - empfiehlt Marshall Rosenberg.
Gedanken die mich unterdrücken
Das Prinzip Unterdrückung regiert unsere Welt seit Jahrtausenden. Es hat unermeßliches Leid verursacht und hinterläßt bis heute leblose Wüsten...
Zu Unterdrückung gehören auch Vorschriften und Verbote. Von oben nach unten. Einbahnstraße.
Wir können die Spuren leicht entdecken, wenn wir auf solche Sätze im Kopf achten:
"Ich soll...."
"Du mußt...."
"Man darf nicht..."
Von Marshall hab ich auch gelernt, "Ich muß..." zu verwandeln in: "Ich will, weil ich... brauche!"
oder in: "Ich will nicht!" 🙂
Mitfühlen mit mir selbst
Wenn unsere Gefühle unermeßlich erscheinen, groß wie ein See... dann könnten Bedürfnisse aus früher Kindheit betroffen sein, vielleicht sogar aus der Zeit im Bauch. Oft hilft es schon ein bißchen, wenn wir das Bedürfnis verstehen und uns selbst damit annehmen: "Ich nehme mich an, wie ich bin, auch mit diesem riesigen Verlangen nach Geborgenheit."
Marshall Rosenberg
Marshall Rosenberg wuchs in einem "Problemviertel" auf, in den 1940er Jahren am Stadtrand von Detroit. Er wurde gemobbt und verprügelt - für seinen jüdischen Nachnamen. In dieser Zeit ging die Polizei auch in Marshall`s Viertel mit brutaler Gewalt vor gegen Afroamerikanische Arbeiter, die sich versammelt hatten um für gleiche Grundrechte zu streiten.
Bei Marshall`s Großmutter dagegen waren ALLE Kinder willkommen.
So erlebte er zwei Welten: die Welt der Gewalt, die zu Verwüstung und Stagnation führt - und die des Friedens, wo es Raum gibt für Austausch, spielen, lachen...
Gewaltfreie Kommunikation
Marshall suchte eine Antwort auf die Frage, wie wir solchen Frieden schaffen können. Und fand schließlich diese: Aufhören Leute in Schubladen zu stecken oder an den Pranger zu stellen... Statt dessen unerschütterlich zu dem stehen, was wir brauchen.
"Alles was Menschen tun, tun sie überall auf der Welt aus dem gleichen Grund: Ihre Bedürfnisse zu erfüllen."
"Bedürfnisse sind nie im Konflikt. Was im Konflikt ist, sind immer nur die Strategien, mit denen wir versuchen, sie uns zu erfüllen."
Diesen Weg nannte er "non-violent communication" (wörtlich: verständigen ohne Gewalt zu tun) - ins Deutsche wurde es damals übertragen mit: Gewaltfreie Kommunikation (GFK).
Marshall Rosenberg half Konflikte beilegen und lehrte in vielen Teilen der Erde. Die Zitate von ihm auf meinen Seiten stammen von einem workshop in München (DVD "Einführung in die Gewaltfreie Kommunikation" Jokers edition, Auditorium Netzwerk 2007).
Mehr-Generationen-Traumata
Der Film "Der Fuchs" hat mich sehr berührt. Er handelt von einem Trauma, das wohl Teil jeder Familiengeschichte ist: Das Trauma der Armut.
Wir sehen jemanden zusammenzucken... und wir zucken zusammen. Wir sehen und hören jemanden sprechen und die gleichen Muskeln werden in uns aktiviert. ( Joachim Bauer: "Warum ich fühle was du fühlst" ) So können auch Traumata von Eltern oder Großeltern an Kinder weiter gegeben werden.
Als mein Vater 5 Jahre alt wurde, geschah der schreckliche Angriff auf Dresden, am 13. Februar 1945. Meine Oma lief danach jeden Tag zu ihrer Arbeitsstelle in Holzschuhen durch die ganze Stadt, vorbei an Toten, durch Trümmer. Sie war es auch, die mir von jüdischen Familien erzählte, die abgeholt wurden. Daß alle es wußten: Es stand sogar in der Zeitung!
Kann es sein, daß diese schlimmen Erfahrungen uns Dresdnern heute noch in den Knochen stecken?
Schuldgefühle helfen niemandem, sagte Magogodi oaMphela Makhene. Aber hinschauen und mitfühlen, das können wir alle tun. Und fragen: Was brauchst du, was brauchen wir... jetzt?"